Sa

13

Jan

2018

GEÄCHTET von Ayad Akhtar

Was zum Teufel ist da schief gelaufen? Fünf gebildete, erfolgreiche Menschen – Anwälte, Künstler, Intellektuelle – als Freunde, Verwandte oder Liebespaare aufs Schönste miteinander verbunden, das großartige New York buchstäblich zu ihren Füßen – und am Ende bleibt nur ein Trümmerhaufen: Die Kollegen verfeindet, die Freunde verhasst, die Liebenden geschieden.

Wie so oft: Die Religion war’s. Nicht nur, aber auch. Ganz überwiegend sogar: Amir, Sohn pakistanischer Einwanderer, ist ein brillanter Anwalt. Er verdient haufenweise Geld in einer angesehenen jüdischen Kanzlei in New York, trägt piekfeine Anzüge, hat eine attraktive Frau und wohnt in einem schneeweißen Appartement hoch über Manhattan. Eben eine dieser Karrieren, die es nur im verheißenen Amerika zu geben scheint, für jeden Tüchtigen, wo immer er herkommt, was immer er mitbringt. Aber seine nur mühsam unterdrückte islamische Herkunft spielt Amir einen folgenreichen Streich – irgendwie habe er „Befriedigung“ verspürt, erklärt er seinen verdutzten Gästen, an jenem 9. September, diesem Schicksalstag der amerikanischen Geschichte, weil endlich auch einmal „die Richtigen gesiegt“ hätten. Das könnte ein blöder Party-Gag sein, über den man rasch hinweghört. Oder der Auftakt zu einem gelehrt-provozierten Diskurs. Aber Amir geht es um mehr. Einmal in Fahrt gekommen, gesteht der von Isaac, dem jüdischen Galeristen (und heimlichen Liebes-Erpresser) seiner Frau als „verkappter Drecks-Dschihadist“ bezeichnete Karrierist, dass er zuweilen nichts dagegen habe, wenn der iranische Präsident alle Israelis einfach ins Meer treiben wolle.

Das sitzt. Bei Freund und Feind. Und bei Amir selbst. Von nun an beherrscht ein fulminanter Party-Crash die Bühne. Niederste Instinkte – Hass und Beleidigung, Neid und Betrug – brechen sich Bahn. Am Ende eine zerschmetterte Gruppe zerschmetterter Freunde. No more hope, nowhere. Amirs kluger Neffe bringt es auf den Punkt: Was nützt all das Abgestrampele in diesem – neuerdings noch ein bisschen weißeren, christlicheren, nationaleren – Land der ungeahnten Möglichkeiten? „Nichts. Wir sind geächtet“. Ein Drama ohne Helden, eine Inszenierung zum Anfassen, ein Abend zum Verzweifeln – so muss Theater sein.

Maximiliane (9c) und Cornelius Simons

 

Di

28

Mär

2017

Theaterkritik – Hexenjagd

Am 16.01. besuchte das Theaterabo das Theaterstück „Hexenjagd“ von Arthur Miller. Dies spielt in der amerikanischen – streng puritanischen – Kleinstadt Salem. Hier entdeckt der Geistliche Parris eines Nachts eine Gruppe junger Mädchen bei verbotenen Tänzen im Wald. Kurz darauf erkranken mehrere der Mädchen und in der gläubigen Stadt kursieren schon bald Gerüchte – die Hexerei betreffend. Also wird Pastor Hale als erfahrener Exorzist der Region gerufen und die Vermutungen werden war: In Salem geht der Teufel um! Abigail Williams, die Anführerin der Mädchen, beschuldigt Tituba, eine ihrer Freundinnen, sie verleitet zu haben. Tituba jedoch gibt an, vom Teufel gelenkt worden zu sein. Damit beginnt eine Reihe von Anschuldigungen und alte Feindschaften kommen zum Vorschein. Letztendlich wird ein Gericht einberufen, um gegen das Böse vorzugehen, zahlreiche Bürger sind schnell festgenommen. Keiner ist mehr vor dem Galgen sicher, auch Elisabeth Proctor, die von Abigail angeklagt wird, nicht. Ihr Mann John hatte ein Verhältnis mit Abigail, die ihn noch liebt. Er sieht als einziger keinen Teufel in der Stadt oder Hexerei, sondern nur Abigails Rache, seine Frau Elisabeth an den Galgen zu bringen. Salem gerät in große Aufruhr und bei den Festnahmen geht es einzig um Rache. Am Ende flieht Abigail mit einer Freundin und überlässt John Proctor und seiner Frau ihrem Schicksal.
Inszeniert wurde die „Hexenjagd“ von Tina Lanik, die sich bei den Texten ganz an Arthur Millers Skript hielt. Durch das einfache Bühnenbild kommen die Emotionen und die Spannung perfekt an. Hier kreierte Stefan Hagenleiter einen schäbig wirkenden Raum mit transparenten Wänden und rustikalem Mobiliar, der viele Schauplätze schnell erahnen lassen kann. Die Atmosphäre wirkt dunkel und geheimnisvoll. Auch der Szenenwechsel erfolgt schauerlich, denn Polly Lapkovskaja, ganz in schwarz gekleidet, steht das ganze Stück über im hinteren Teil des Raums und gibt die Live-Musik, sehr schaurige Sänge, von sich. Sobald das Licht erlischt, beginnt sie zu singen und schafft so ebenfalls eine unheimliche Atmosphäre. Insgesamt konnte das Stück einen durchaus in den Bann ziehen, wenngleich es doch sehr textgetreu und konventionell inszeniert war, sodass  es wenig Interpretationsspielraum freiließ. Ein moderneres Spiel mit der Angst wäre vielleicht reizvoll gewesen, das Stück selbst ließe das in jedem Fall zu…

 

Schüler aus der 10. Klasse

Mo

28

Nov

2016

Die Odyssee in 80 Minuten

 … das war in der Volksbühne  ein sehr gelungenes Theaterstück mit den Best-of Szenen von Homer. Nach dem Prooemium in Altgriechisch gab es Dialogpassagen in Hexametern, Botenberichte und erzählten Text, der die zahlreichen Kürzungen verstehen half.
Neben Odysseus traten vier seiner Gefährten auf, die alle anderen Rollen übernahmen – nach dem Beginn bei den Kikonen ging es weiter zu Polyphem, der durch eine Videoinstallation durchaus gruselig-echt erschien, über Kirke dann zu Skylla und Charybdis und schließlich an den Hof von Ithaka. Götter kommen in der Aufführung keine vor.
Das Bühnenbild war karg: Nur mit Eisenstangen, die mal als Ruder oder Segelrah, zum Blenden und zum Kämpfen genutzt werden sowie Plastikfolie und viel Nebel gelang es, die unterschiedlichen Stationen darzustellen. Dazu triebt eine fetzige Musik Odysseus und seine Gefährten mal in den Rausch, in den Kampf oder in die Arme von Skylla.
Die Aufführung hat mir sehr gut gefallen, da sie voller Überraschungen, witzig und sehr unterhaltsam war. Es gelang außerdem sehr gut, eine Aktualität des Stoffes herzustellen: Odysseus ist kein edler, listiger Held, sondern ein skrupelloser Anführer, der nach eigenen Regeln lebt und immer Entschuldigungen für sein Handeln findet. Erst am Ende des Stückes, nach dem Besuch bei den Schatten in der Unterwelt und als er allein in Ithaka ankommt, besinnt sich Odysseus: „Wir haben Troja nie besiegt, sondern Troja uns. Wir bekämpften Trojas Schrecken und waren selber doch der Ursprung vieler neuer. Wozu sollen wir Menschen miteinander kämpfen?“
Das Geschehen auf der Bühne hätte meiner Ansicht gereicht, um zu zeigen wie aktuell der Stoff der Odyssee ist – die neben der Bühne auf den Seitenwänden erscheinenden Landkarten und Videos zu kriegerischen Konflikten seit dem trojanischen Krieg lenkten eher ab und waren meiner Ansicht nach unnötig.

Donata Gocke, 9a

Mo

28

Nov

2016

Rezension „König Ödipus“

“Ich möchte wissen, wer meine Eltern sind, und seien Abschaum sie!”

Der Zuschauer sieht durch eine Glasfassade in einen schlichten Warteraum – einzige Ausstattung: ein stehender Aschenbecher – und hört durch Lautsprecher die Reden aus dem dahinter liegenden Konferenzraum oder die Gespräche der Anzugträger, die sich im Warteraum bei einer Zigarette die Beine austreten. Die Geschichte selber ist schnell erzählt: In Theben wütet eine schlimme Pestwelle, die laut dem Orakel von Delphi nur dadurch beendet werden kann, dass der Mörder von Thebens früheren König Laios, Vorgänger von König Ödipus, gefasst und getötet bzw. ins Exil gebracht wird. Nach und nach treten nun verschiedene Personen wie der blinde Seher Teiresias, Ödipus` Ehefrau Iokaste oder ein Herold aus Korinth auf, die Stück für Stück die Wahrheit über Ödipus` wahres Ich enthüllen: Er habe seinen Vater Laios umgebracht und mit seiner Mutter Iokaste geschlafen. Als Ödipus dies erkannt hat, sticht er sich die Augen aus und Iokaste erdolcht sich. Soweit zur Handlung, nun zur Kritik: Die Inszenierung des Residenztheater wurde grundsätzlich gut in unsere Zeit gesetzt, ist aber – vielleicht auch gerade dadurch – ein bisschen „schlicht“ geraten, was Ausstattung und Personal angehen: Der Handlungsort ist stets derselbe, jeder trägt dasselbe Kostüm (einen Anzug), und die Stimmung war durchgehend bedrückend: Zuerst war sie sehr von der Entrüstung Ödipus` geprägt, der sehr aufbrausend, aggressiv und dominant erschien – allerdings brillant gespielt. Danach wurde man von seiner überzeugend gespielten Reue mitgerissen, die einen nachdenklich gemacht hat. Alles in allem eine gelungene Inszenierung, die vor allem dank der tollen Schauspieler ein altes Stück modern erscheinen ließ. „Lobe keinen Tag vor dem Abend“, heißt es am Ende des Theaterstücks. Armer blinder sehender Ödipus.

Schüler aus der 10a