Smartphone: Überlebenstipps für Eltern

Im Rahmen des Medienkonzepts des WG hatte der Elternbeirat am 26. Juni Veranstaltungen zum Thema „Sichere Smartphone-Nutzung“ organisiert -  vormittags fanden für die 6. Klässler Workshops statt; am Abend informierte dann der Medienpädagoge Daniel Wolff die Eltern über Risiken und Chancen der Smartphone Nutzung und gab ganz konkrete Tipps für einen besseren digitalen Alltag in Schule und Familie.

Zu Beginn erläuterte Wolff die Problemstellung: Da wissenschaftlich belastbare Aussagen über die Auswirkungen der massiven Smartphone-Nutzung bei Kindern und Jugendlichen noch ausstünden, liegt es vor allem an den Eltern, einen vernünftigen Weg für die eigene Medienerziehung zu finden. Um dies zu tun, müsse man laut Wolff aber erst einmal verstehen, was die Kinder im Internet eigentlich tatsächlich machen – denn mobil telefonieren tun sie kaum. Um zu erkennen, was Kinder speziell an Smartphones so attraktiv finden, entführte Wolff die Eltern in die digitale Lebenswelt ihrer Kinder: Er stellte bei den Kindern allseits bekannte YouTube-Stars wie Dagi Bee, Gronkh oder Simon Desue ebenso vor wie die gängigen Social-Media-Plattformen Instagram, Snapchat und Musical.ly. Für viele Eltern offenbarte dieser Ausflug in die digitale Lebenswelt der Jugend völlig neue Erkenntnisse – was zeigt, wie wenig viele Eltern über den digitalen Alltag ihrer Kinder tatsächlich wissen.

Laut Wolff fehlen aber auch den Kindern und Jugendlichen grundlegende Kenntnisse über die Medien, die sie tagtäglich viele Stunden nutzen: So berichtete der frühere IT-Journalist und Gymnasiallehrer Wolff von den vorangegangenen Schüler-Workshops, dass kaum ein Kind in den 6. Klassen bis dahin wusste, wie Google und Facebook – ihres Zeichens die Mutterkonzerne von YouTube und Whatsapp – Geld verdienen: Indem sie von jedem einzelnen Nutzer extrem detaillierte Daten-Profile anlegen und diese sehr lukrativ an die Werbe-Industrie verkaufen. Die Kinder zahlen also doch für die Nutzung der großen Internet-Plattformen: Zwar nicht mit Euro, aber mit ihren privaten Daten.

Außerdem berichtete Wolff, dass der Großteil der Kinder angegeben habe, von ihren Eltern weder bei der Übergabe des Smartphones noch danach wirklich ernsthaft darüber informiert worden zu sein, welche Inhalte man im Internet ansehen dürfe und welche nicht. Der Medienpädagoge führte aus, dass dieser „medienerzieherische blinde Fleck“ an der anderen Erfahrung der Eltern in deren eigener Kindheit liege: Damals gab es noch keine Smartphones, so dass das Verständnis für diese Risiken teilweise völlig fehle. „Ein Buch mit Hardcore-Pornographie oder üblem Zombie-Gemetzel würde man seinem 10-jährigen Kind niemals schenken. Aber mit einem Smartphone, das dieselben Inhalte anzeigen kann, haben die meisten Eltern merkwürdigerweise kein Problem.“, so Wolff.

Eine ähnliche elterliche Unbekümmertheit gelte für das zeitliche Ausmaß der Nutzung digitaler Medien: Etwa die Hälfte der Kinder in den Workshops hatten angegeben, dass sie keinerlei Zeitlimit einhalten müssten und das Smartphone sogar nachts im oder am Bett behalten dürften. Das ist laut Wolff eine ausgesprochen bedenkliche Entwicklung, denn nachgewiesenermaßen schlafen die Kinder und Jugendlichen heute weniger und schlechter als noch vor wenigen Jahren. Kein Wunder: Wer etwa durch eine Auseinandersetzung im Klassen-Chat oder ein nicht unbedingt jugendfreies Videos emotional aufgewühlt ist, schläft nun einmal schlechter. Wolff empfahl daher sehr eindringlich, alle Smartphones der Familie über Nacht im Wohnzimmer oder Flur aufzuladen – natürlich müssen das dann auch die Eltern tun!

Ein trauriger "Trend" ist derzeit das sogenannte „Cybermobbing“, also das absichtliche Beleidigen, Belästigen oder Bedrohen von Personen (meist Mitschülern) im Internet - wie es derzeit an nahezu allen Schulen in Deutschland ein großes Thema ist. Cybermobbing geht weit über Hänseleien hinaus und den Eltern ist vielfach überhaupt nicht klar, welche extreme soziale Wucht Cybermobbing entwickeln kann - vor allem, weil der Täter die Reaktion des Opfers nicht sehen kann und das Opfer nicht weiß, wer die Beleidigungen noch alles gesehen hat. Auch hier helfe nur, sich zunächst selbst zu informieren, seinen Kindern dauerhaft und genau zuzuhören – und im Falle eines Falles seine Kinder intensiv zu unterstützen. Allerdings öffnen sich Kinder nur, wenn sie zu ihren Eltern ein vertrauensvolles Verhältnis haben und keine Angst, dass ihre Eltern ihnen das Smartphone abnehmen.

Wegsperren sei aber ohnehin keine gute Lösung: Der Ex-Silicon-Valley-Korrespondent Wolff führte eindrucksvoll aus, welch enormes Potential neue digitale Technologien wie Big Data, Virtual Reality oder 3D-Druck für unsere Gesellschaft und Wirtschaft haben werden – so dass man sich im Interesse der Kinder auch selbst für digitale Trend-Themen interessieren sollte. Dann fällt es auch leichter, den bei Digitalthemen oft stockenden Kommunikationsfluss zwischen Eltern und Kindern wieder in Gang zu bringen. Feste Regeln (siehe www.mediennutzungsvertrag.de) helfen dabei beiden Seite – sie gelten natürlich auch für die Eltern. Diese könnten sich zudem auf Webseiten wie www.klicksafe.de, www.medien-sicher.de oder www.handysektor.de ausgezeichnet über alle Aspekte der Medienerziehung informieren, so Wolff abschließend.